Heute haben wir mal wieder einen besonderen Ausflugstipp für euch. Wir waren am Wochenende im Naturschutzgebiet Hörnle am Essigberg in Roigheim unterwegs. Das liegt zwar nicht in Hohenlohe, sondern im Heilbronner Land – ist aber trotzdem absolut einen Ausflug wert! Warum das kleine Naturschutzgebiet so einzigartig ist, weshalb sich ein Spaziergang ganz besonders im Mai lohnt und was es auf dem Essigberg alles zu entdecken gibt, verraten wir euch im Artikel!
Der Weg ins Paradies ist kurz. Kaum von der Roigheimer Hauptstraße abgebogen, führt uns ein immer grüner werdender Weg direkt rauf ins Naturschutzgebiet Hörnle am Essigberg in Roigheim. Oder anders gesagt: ins Paradies.
„Viele Orchideen sind leider schon verblüht“, begrüßt uns Hans Zweig, der Schaffer dieser besonderen Kulturlandschaft. Nur um sofort hinterherzuschieben: „Aber ein paar besonders schöne Exemplare zeige ich euch gleich“.
Das Naturschutzgebiet Hörnle am Essigberg in Roigheim
Aber zuallererst – wo sind wir hier überhaupt gelandet? Als Paradies bezeichnet Hans Zweig dieses Fleckchen Erde, das der 81-jährige mit seiner Familie selbst erschaffen bzw. wiederbelebt hat und bis heute pflegt. Seit dem Jahr 2000 ist das 20 Hektar große Gebiet am Roigheimer Essigberg als Naturschutzgebiet ausgewiesen und bietet vielen seltenen Pflanzen und Tiere eine Heimat. Dass es dazu kam, ist vor allem dem Einsatz von Hans Zweig zu verdanken.
Familie Zweig besaß über mehrere Generationen ein Grundstück am Essigberg. Bis in die 1950er Jahre wurde an den steilen Hängen Wein angebaut (der allerdings wohl nie besonders gut schmeckte). Aus dieser Zeit stammen die riesigen Steinriegel – entstanden aus den Steinen, die damals mühsam von Hand aus den Weinbergen aufgelesen und an den Grundstücksgrenzen aufgehäuft wurden. Auch Orchideen blühten früher wohl schon in den Wiesen, beachtet wurden sie aber nie.
Nachdem der Weinbau aufgegeben und auch die dortigen Äcker vernachlässigt wurden, verwilderten die Hänge am Essigberg. Brombeeren, Hecken und Büsche überwucherten die Weinbergmauern, Wiesen und Steinriegel. In den 90er Jahren schmiedete Hans Zweig einen ziemlich verrückten Plan, den er auch gleich in die Tat umsetzte. Er investierte 400.000 Euro, kaufte die umliegenden Grundstücke und begann, die Hänge zu entbuschen und vom Wucher zu befreien. Ebenfalls in Handarbeit baute Hans Zweig Jahr für Jahr bis heute insgesamt rund 2000 Meter (!) neue Weinbergmauern. Natürlich nach altem Vorbild in Trockenbauweise, um Tieren einen Unterschlupf zu bieten.
Auch alte Unterstände und Weinbergstaffeln restaurierte Hans Zweig aufwändig. Genau wie den Kalkofen, auf den die Familie beim Freimachen eines Steinriegels stieß. Kleine Teiche vervollständigen das wertvolle Biotop. Die Fotos dazu zeigen wir weiter unten im Artikel 🙂
Bis heute flossen unglaubliche 40.000 Arbeitsstunden in das Lebenswerk des „Königs vom Essigberg“.
Der Einsatz hat sich gelohnt. Mit der Zeit kamen an den sonnigen Trockenhängen die Wiesenblumen zurück, nach fünf Jahren blühten die ersten Orchideen. Heute ist das Naturschutzgebiet Hörnle / Essigberg ein Paradies für Pflanzen und Tiere, aber auch für uns Besucher und natürlich für die Familie Zweig selbst.
Um die meisten Orchideen blühen zu sehen kommt man am besten Anfang Mai, verrät uns Hans Zweig. Aber schon ab April, wenn die Bäume und Sträucher blühen, ist es hier paradiesisch schön. Im Sommer flattern durch die Wiesen dann die Schmetterlinge und im Herbst verfärben sich die Blätter über den gemähten Hängen.
Apropos Mähen. Hans Zweig erklärt uns, was zur Pflege der Trockenhänge so wichtig ist: Nur einmal im Jahr – im September – werden die steilen Wiesen gemäht und das Schnittgut sofort entfernt. Würde es liegen bleiben, würde der Boden zu viele Nährstoffe aufnehmen. Und das wäre wiederum der Tod für den Trockenrasen und seine Pflanzen, die es mager und karg mögen.
Eine Wanderung durch das Paradies
Durch das Naturschutzgebiet führt ein kleiner Rundweg, den ihr auf eigene Faust erkunden könnt. Spannender ist es natürlich, ihr trefft zufällig auf Herrn Zweig, der mehrmals in der Woche auf dem Essigberg nach dem Rechten schaut. Dann habt ihr vielleicht das Glück, ebenfalls eine kleine Führung zu erhalten.
Wir treffen Herrn Zweig am ersten Unterstand, der sich gleich am Beginn des Naturschutzgebiets auf der linken Seite befindet. Hier fanden nach dem zweiten Weltkrieg sogar Menschen aus dem zerbombten Heilbronn einen Unterschlupf.
Schon auf den ersten Metern macht uns Hans Zweig auf eine besondere Orchideenart aufmerksam: Aktuell blühen die Bienen- und Hummel-Ragwurze in den Wiesen. Wer genau hinsieht erkennt, wie die Pflanzen zu ihrem Namen kamen. Es sieht nämlich aus, als würden Bienen bzw. Hummeln an den Blüten sitzen.
Durch herrlich blühenden Wiesen geht es rauf zum Wengerterhäusle, vor dem Hans Zweig einen kleinen Teich als Biotop gebaut hat. Im Hintergrund ist schon einer der riesigen Steinriegel zu sehen.
Beim Freilegen eines Steinriegels stieß die Familie auf einen alten Kalkofen, den sie vollständig wieder aufbaute und der zwischenzeitlich sogar noch einmal im Einsatz war.
Auf schmalen Pfaden laufen wir zwischen Wiesen und entlang der Weinbergmauern durch das Naturschutzgebiet. Überall gibt es etwas zu entdecken und zu fast jedem Quadratmeter hat Hans Zweig eine Geschichte erzählen – spannend!
Eine „Etage“ tiefer trifft man auf dieses schattige Plätzchen, das sich mit Tischen und Bänken für ein Picknick eignet. Ganz in Ruhe kann man sich dabei die vielen Fotos, Presseartikel und Erinnerungen anschauen, die am Häuschen angeschlagen wurden.
Wer trittsicher ist und keine Angst vor Zecken hat, kann von hier aus noch einige steile Treppen weiter nach unten steigen und entdeckt mit etwas Glück sogar blaue Enziane und Türkenbundlilien.
Für uns endete hier unsere kleine Führung durch das Naturschutzgebiet Hörnte / Essigberg. Wir sind auf demselben Weg zurückgelaufen, um alles nochmal in Ruhe zu bestaunen und noch ein paar Fotos von den Orchideen zu schießen. Ihr könnt eure Wanderung aber genauso auf den Rundweg durch die schattige „Geschworenen Holz Klinge“ fortsetzen und kommt dann etwas weiter unten im Ort zurück.
Weitere Infos & Tipps
- Bitte haltet euch an die im Naturschutzgebiet geltenden Regeln (Wege nicht verlassen keine Pflanzen pflücken, kein Müll hinterlassen).
- Fahrräder sind nicht erlaubt.
- Hunde sind erlaubt, dürfen aber nicht aus den Teichen trinken (da Biotope)
- Orchideen sind circa zwischen Mitte April und Mitte Juni zu bewundern
- Geparkt werden kann an der Authenrieth-Halle
- Unbedingt nah dem Besuch auf Zecken kontrollieren!
Übrigens: Hans Zweig sucht einen Nachfolger, der sich künftig um die Pflege und Erhaltung seines Paradies kümmert. Vielleicht fühlt sich ja ein Naturfreund angesprochen? 🙂
Wir hoffen, wir konnten euch mit unseren Fotos zeigen, was für ein toller und besonderer Ort das Naturschutzgebiet Hörnte / Essigberg in Roigheim im nördlichen Heilbronner Land ist. Wir waren auf alle Fälle richtig begeistert von diesem kleinen Naturparadies und kommen ganz bestimmt wieder!
2 Kommentare
Hallo zusammen, sehr schöner Bericht mit tollen Fotos – ich war in diesem Jahr (Pfingstsamstag) auch zum ersten Mal in diesem „Paradies“ – bin die Runde durch den Wald zurück gegangen, wo mir im ausgetrockneten Bachbett ein junger Fuchs begegnete. Möchte meinen, dass auf euren Fotos nicht die Bienenragwurz, sondern die Hummelragwurz zu sehen ist … aber egal – schön sind sie allemal 🙂 ! Euch noch weiterhin erlebnisreiche Touren in Hohenlohe (und drumherum), Grüßle ausm südlichsten Hohenlohe.
Hallo Sabine,
vielen lieben Dank für deine Nachricht! Das nächste Mal wollen wir auch auch den Wald zurück laufen, ist bestimmt eine schöne Runde. Danke für den Tipp mit der Hummelragwurz – das ist gut möglich, denn ich konnte die beiden Arten auf den Fotos ehrlich gesagt überhaupt nicht mehr unterscheiden 😉 …
Wir wünschen dir ebenfalls weiterhin tolle Touren, einen wunderschönen Sommer und schicken viele Grüße aktuell aus Südtirol 🙂