Eines unserer liebsten Ausflugsziele in Hohenlohe ist das Freilandmuseum Wackershofen bei Schwäbisch Hall. Wir lieben es total, durch das weitläufige Gelände mit seinen Feldern, Wiesen und Obstbäumen zu laufen, Tiere zu beobachten, in den verschiedenen historischen Gebäuden auf Zeitreise zu gehen und Mäuschen zu spielen in der für uns heute so fremden Welt unserer Vorfahren.
Der Artikel wurde veröffentlicht am 7.8.2020 und im August 2024 zuletzt aktualisiert.
Das Freilandmuseum Wackershofen
Mitten in der typischen Landschaft der Hohenloher Ebene, knapp 10 Kilometer von Schwäbisch Hall entfernt im Weiler Wackershofen, liegt das weitläufige Freilandmuseum. Rund 70 historische Gebäude aus der Zeit zwischen dem 16. und 20. Jahrhundert wurden aus verschiedenen Orten der Region hierher umgesetzt, originalgetreu eingerichtet und mit vielen spannenden Infos für die Besucher ausgestattet.
Hier gibt es stattliche Bauernhöfe und Handwerkerhäuser, Werkstätten und Mühlen, eine Kelter, ein altes Schulhaus, einen Bahnhof und vieles mehr zu entdecken. Das gesamte Freilandmuseum ist wirklich bis ins letzte Detail total liebevoll ausgestattet! Im Bauernhof hängt der Mantel noch am Haken der Eingangstür, die Wäsche trocknet über dem Ofen. Das Essen scheint in den Töpfen auf dem Herd zu kochen und der Esstisch ist gedeckt, als würde die Familie gleich gemeinsam zum Mittagessen am Tisch sitzen.
Kommst du mit auf unseren Spaziergang durch das ländliche Leben unserer Vorfahren?
Ein sommerlicher Spaziergang durch das Hohenloher Freilandmuseum
Es riecht schon ziemlich ländlich, als wir das Freilandmuseum Wackershofen morgens betreten. Kein Wunder, denn gleich hinter dem Eingang begrüßen uns die tierischen Stars des Museums, die Schwäbisch-Hällischen Landschweine. Die alte Hausschweinrasse galt um 1980 schon als nahezu ausgestorben. Bis Rudolph Bühler, Landwirt aus Wolpertshausen und Besitzer einer Schwäbisch-Hällischen Muttersau, Mitte der 80er Jahre die letzten verbliebenen Exemplare der Rasse zusammensuchte, um ihr endgültiges Aussterben zu verhindern. 1988 gründete er mit Kollegen die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall.
Jetzt gilt es erstmal, sich einen Plan zu machen. Denn das Gelände ist mit seinen rund 40 ha Fläche nicht gerade klein. Am Eingang bekommst du einen Übersichtsplan mit allen Gebäuden bzw. Gebäudegruppen und thematischen Dörfern, zu denen die einzelnen Bauwerke gebündelt wurden. So kannst du neben dem Hohenloher Dorf das Mühlental, das Steigengasthaus, das Weinbauerndorf, die Waldberge, die Gebäudegruppe Technik und das 20. Jahrhundert nach dem Zweiten Weltkrieg erkunden.
Das Weinbauerndorf
Statt links ins Hohenloher Dorf, dem quirligen Herz des Freilandmuseums, abzubiegen, laufen wir zuerst zum etwas erhöht und abseits liegenden Weinbauerndorf. Schon die Römer betrieben hier regen Weinbau und bis heute ist Hohenlohe ein kleines, feines Weinanbaugebiet. In der alten Scheune aus Möhrig erfährst du einiges zum seltenen Handwerk der Küfer, während im Gemeindebackhaus nebenan ab und zu duftende Museumsbrote und Hefezöpfe frisch aus dem Holzofen kommen.
Für Kinder gibt’s hier oben einen kleinen Spielplatz direkt neben dem Ziegenstall und sonntags kann man im Verrenberger Weinbauernhaus ganz typisch und lecker in der Besenwirtschaft einkehren. Die Gebäudegruppe eignet sich also auch perfekt für eine ausgiebige Pause.
Bevor die Hitze dieses supersonnigen August-Tags uns zu sehr zusetzt, laufen wir vorbei an Bienenhäusern und einer Sägemühle weiter nach oben in die Waldberge. Einen kurzen Stopp legen wir natürlich bei den hübschen Limpurger Rindern ein, wo die Limpurgerin Wenke erst Ende Juli ihre kleine Winni zur Welt gebracht hat 🙂
Die Waldberge
Von den Waldbergen hast du einen tollen Blick über das Museum und die dahinter liegende Hohenloher Landschaft. Hier oben ist der Sommerkeller normalerweise von Mai bis November am Wochenende (Sa & So) bewirtschaftet.
Am wahrscheinlich höchsten Punkt des Museums thront ein großes Bauernhaus. 1778 in Löwenstein gebaut, wurde es 1879 zum Forsthaus und für die folgenden rund 100 Jahre zur Wohnstätte für zahlreiche Försterfamilien. Im Dachgeschoss befindet sich die auch für Kinder interessante Ausstellung „Wald und Glas“, wo du unter anderem Waldgeräusche erraten bzw. zuordnen kannst.
Für mich eines der interessantesten Gebäude ist das Bauernhaus aus Käsbach mit seiner Dauerausstellung „Der Käshof – Dramatische Ereignisse im Winter 1944 / 45“. Nur durch Zufall kam bei der Umsetzung des riesigen Bauernhauses seine Rolle im nationalsozialistischen Deutschland ans Licht. Die dort lebende Familie Kaiser nahm 1944 drei Personen bei sich auf. Max Rosenfelder und seine Tochter Ilse, beide jüdischer Abstammung, und den Wehrmachtsdeserteur Willi Bruchhausen. Statt viele Fragen zu stellen, brachten sie die Drei zusätzlich zu den schon auf dem Hof lebenden Familienmitgliedern, Zwangsarbeitern und Bombenflüchtlingen bei sich unter und retteten ihnen damit vermutlich das Leben.
Mit Schautafeln, aber auch mit Bild und Ton wird die Geschichte des Hofs wirklich eindrücklich vermittelt – mir jagt der Besuch jedes Mal wieder eine Gänsehaut über den Rücken.
Das Mühlental
Mit viel Ausblick geht es jetzt wieder hinunter ins „dichter besiedelte“ Hohenloher Dorf. Im auf dem Weg liegenden Mühlental lohnt es sich, in die Mahl- und Sägemühle Laun aus dem Jahr 1687 mit ihrer komplett funktionstüchtigen historischen Getreidemühle und der ebenfalls betriebsfähigen Sägmühle zu schauen. Mit etwas Glück finden bei deinem Besuch hier sogar Vorführungen statt und du kannst die Mühlen in Aktion erleben.
Um ehrlich zu sein, habe ich noch nie vorher von einem Steigengasthaus gehört. Aber man wird im Museum ja nur schlauer 😉 Diese wurden als Gasthäuser und Raststationen für die durchreisenden Kaufleute und Fuhrknechte eröffnet, die auf den steilen „Steigen“ auf dem Weg vom Tal in die Höhe waren. Für Menschen und Zugtiere bot sich hier Gelegenheit zur Stärkung und zum Übernachten.
Total spannend ist die Geschichte der Jenischen in Hohenlohe, über die du in einer Dauerausstellung beim Steigengasthaus viel erfährst. Die Jenischen waren ein reisendes Volk mit eigener Sprache, die mit ihren Reisewagen als Händler, Handwerker und Schausteller übers Land fuhren. Bis heute unklar ist die Herkunft der Jenischen, die vor allem im nationalsozialistischen Deutschland verfolgt und diskriminiert wurden. Aber auch sonst war man den Jenischen gegenüber wohl misstrauisch eingestellt. Viele Jenische ließen sich in Pfedelbach als Handwerker nieder, hier haben sich Sprache und Kultur noch teilweise erhalten und sogar die 2017 neu eingeweihte Gemeindehalle bekam (nicht ohne Widerstand) einen jenischen Namen: Nobelgusch. Das bedeutet „Edle Halle“.
Einen interessanten Artikel über die Jenischen in Pfedelbach findest du auch in der Heilbronner Stimme.
Das Hohenloher Dorf
Der Hunger treibt uns weiter ins Hohenloher Dorf, denn hier gibt’s im Museumsgasthof „Roter Ochsen“ leckeres Mittagessen im Biergarten. Für die Kids gibt’s einen kleinen Spielplatz und natürlich auch Schleckeis.
Das Hohenloher Dorf ist das trubelig liebenswerte Herz des Freilandmuseums. Hier spielt sich das meiste Leben ab. So gibt es neben den stattlichen Bauernhöfen aus der Zeit um 1550, 1800 und 1900 auch Handwerkerhäuser, Armen- und Taglöhnerhaus, ein altes Schulhaus, das Seldnerhaus, Schaugärten und das Museumslädle zu besichtigen. In und um die Handwerkerhäuser finden oft Workshops und Vorführungen statt, in der riesigen Scheune aus Bühlerzimmern sind häufig Sonderausstellungen zu Gast.
In den alten Gemäuern der historischen Häuser hängt jeweils ein ganz eigener Geruch fest. Die steilen Holztreppen knarzen laut, als ich in einem Bauernhaus neben der Küche das dunkle Treppenhaus hinaufsteige. Wahrscheinlich ist es die Kombination aus Gerüchen, Geräuschen und bildlichen Eindrücken, die mich plötzlich in meine Kindheit und ins Bauernhaus meiner Großeltern zurückbeamt. Ich sehe mich mit meiner kleinen Schwester in den dunklen Dachboden steigen, um mit allerlei staubigen „Schätzen“ wieder runter in die wohlig warme Stube zu kommen, in der alle zusammen bei Kaffee und Kuchen sitzen. Und in die Zeit noch etwas früher, als unsere Mutter, Tanten und die Oma in der Küche frische Milch ausgeschenkt und verkauft haben. Das gesamte Bauernhaus, vor allem das altmodische Schlafzimmer der Großeltern, in das ich manchmal heimlich gelinst habe, wirkte für mich damals schon absolut aus der Zeit gefallen.
Aber jetzt zurück in die Gegenwart. Oder auch nicht… Denn um uns Besucher noch tiefer in die Geschichte der Häuser eintauchen zu lassen, ist auf großen Infotafel die Geschichte einzelner Bewohner mit Fotos dokumentiert. So zum Beispiel von Katharina Frank (1832 – 1902), die mit dem Bürgermeistersohn eine gute Partie macht. So ist die Ausstattung des Bauernhauses auch recht nobel, mit städtischem Einfluss. Von ihren vierzehn Kindern erreichen leider nur fünf das Erwachsenenalter und der viel ältere Ehemann stirbt früh.
Im starken Gegensatz zu diesem Wohlstand stehen unter anderem das Armenhaus und das Taglöhnerhaus. Das Armenhaus war ab 1744 eine Auffangstation für Erwerbsunfähige, Kranke, Ledige oder Heimatlose. Im Erdgeschoss des kleinen Hauses wohnten zeitweise zwei Familien mit insgesamt 13 Familienmitgliedern. Im Dritten Reich diente es als Heim der Hitlerjugend.
Im Seldnerhaus ist die Dauerausstellung „Frauen im Dorf“ untergebracht. Hier wohnten Kleinbauern (sogenannte Seldner – wieder ein Wort, das ich nie zuvor gehört habe…), Weber, Schuhmacher und Arbeiter in bescheidenen Verhältnissen.
Zum Abschluss des Besuchs lassen wir uns noch ein bisschen durch das Hohenloher Dorf treiben, beobachten die tierischen Bewohner des Museums, werfen einen Blick in das alte Schulhaus und kaufen uns im Museumsladen ein leckeres Eis auf die Hand.
Bevor wir das Museum verlassen, laufen wir durch die NS-Zwangsarbeiter-Baracke der Fassfabrik Kurz, in der die leidvolle Geschichte der rund 2100 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern in Schwäbisch Hall ausführlich erzählt wird. Hier wurden die Menschen für die Herstellung von Fässern zwangsverpflichtet, die wiederum in der Rüstungsindustrie benötigt wurden. Die Ausstellung wurde konzipiert vom Haus der Geschichte Baden-Württemberg.
Infos, Tipps & Öffnungszeiten Freilandmuseum Wackershofen
Hinkommen
Das Freilandmuseum liegt knapp 10 Kilometer von Schwäbisch Hall entfernt im Weiler Wackershofen und ist gut mit dem Auto oder den Öffentlichen zu erreichen.
- Der Bahnhof der Westfrankenbahn / Hohenlohebahn befindet sich direkt am Freilandmuseum
- Von Schwäbisch Hall aus fährt der Stadtbus Linie 7 nach Wackershofen
- Der Vorteil: Wer mit dem ÖPNV anreist und seine Fahrkarte vorzeigt, erhält ermäßigten Eintritt
Für alle die mit dem Auto anreisen, steht ein großer kostenfreier Parkplatz bzw. an Veranstaltungstagen zusätzliche Parkflächen zur Verfügung. Navi-Eingabe: Moorwiesenweg, 74523 Schwäbisch Hall-Wackershofen.
Aktuelle Öffnungszeiten (Stand 2024):
- Geöffnet von 15. März bis 15. November
- Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr bzw. in der Hauptsaison von 1. Mai bis 30. September bis 18 Uhr
- An Feiertagen und in den Schulferien in Baden-Württemberg auch Montags geöffnet.
- Museumsladen von 11 bis 15 bzw. 16 Uhr
- Öffnungszeiten Restaurants, Besenwirtschaft und Biergarten s. oben im Text
Eintrittspreis (Stand 2024)
- 12 EUR p.P. Erwachsene
- Ermäßigte 10 EUR p.P. (Jugendliche, Auszubildende, Studenten, Schwerbehinderte ab 50 %, mit ÖPNV Angereiste)
- Kinder unter 6 Jahre: freier Eintritt
- Familien-Tageskarte: 25 EUR
- Saisonkarte: Erwachsene 35 EUR, Familie 60 EUR, Ermäßigte 28 EUR/ 55 EUR
Führungen durch das Hohenloher Freilandmuseum, Workshops & Aktionen
Es gibt verschiedene Führungen, Workshops und Aktionen für Erwachsene, Kinder und Gruppen. Hier gibt’s aktuelle Infos.
Veranstaltungen
Manche beliebten Veranstaltungen im Freilichtmuseum finden jährlich statt und haben mittlerweile eine riesige Fangemeinde. So z.B.
- Sommerferienprogramm für Kinder
- Tag des alten Handwerks
- Pflanzenmarkt
- Tag der Bauernhoftiere
- Backofenfest
- Kindertag
Das gesamte Veranstaltungsprogramm findest du hier.
Hohenloher Freilandmuseum mit Kindern
Auch mit Kindern lohnt sich ein Besuch im weitläufigen Freilichtmuseum sehr!
- Auf 3 Spielplätzen dürfen Kinder sich austoben
- Verschiedene Veranstaltungen und das Sommerferienprogramm richten sich direkt an die Kleinen
- Natürlich sind auch die im Museum lebenden Bauernhof-Tiere ein Highlight
Sonstiges
- Hunde dürfen angeleint mit ins Museum
- Tiere dürfen nicht gefüttert werden
Unser Fazit zum Hohenloher Freilandmuseum
Wie eingangs gesagt, lieben wir das Hohenloher Freilandmuseum Wackershofen und sind immer wieder gerne dort. Aktuell auch mit unserem Wanderzwerg, der gerne auf den Spielplätzen tobt und die Tiere bestaunt. Da je nach Jahreszeit und Wochentag immer Neues geboten wird und verschiedene Veranstaltungen anstehen, lohnen sich sogar mehrere Besuche im Jahr. Außerdem wächst das Museum immer weiter.
Tipp zum Weiterlesen: Ihr sucht eine Schlechtwetter-Alternative mit Kindern? Wir können euch das Stadtmuseum Neckarsulm mit der aktuellen Mitmachausstellung „BLAULICHT – Entdecke die spannende Welt von Feuerwehr, Rettungsdienst, Polizei und THW“ für Familien absolut empfehlen!
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3 Kommentare
Super schöner Bericht dem ich nur voll zustimmen kann.Hier lohnt sich ein Besuch immer
Hallo Peter, vielen Dank für das Lob 🙂
Jedes Mal entdeckt man wieder Neues, im Freilandmuseum wird’s zum Glück nie langweilig!
Viele Grüße,
Lisa & Marco
Unser nächster Besuch wird uns zu diesem Freilandmuseum führen. Wir waren schon in vielen anderen im fränkischen Raum (Fladungen, Bad Windsheim usw.). Es ist für uns immer
sehr interessant, da auch wir in der Landschaft aufgewachsen sind.
liebe Grüße
Reinhold und Olga